Auch diese Woche soll es noch einmal um die Jahreslosung gehen, um den tröstenden Gott und meine Erfahrungen damit. In den letzten beiden Wochen ging es vor allem darum, wie und warum mir dieser Trost lange Zeit gefehlt hat, und wie ich ihn wiedergefunden habe. Ja, ich habe ihn wiedergefunden. Ich erlebe, wie ich in der Nähe Gottes Ruhe finden und auftanken kann. Aber ich erlebe das eigentlich noch zu selten, und daran ist eine schlechte Angewohnheit schuld.
Ich habe mit der Nähe Gottes schlechte Erfahrungen gemacht. Bei Gott habe ich abgewertet und abgelehnt gefühlt, seine Nähe hat meine Schuldgefühle verstärkt, und das Gespräch mit Gott endete nicht selten in Streit und Frust. Über einen erheblichen Teil meines Glaubensweges war die Nähe Gottes häufig Auslöser negativer, leidvoller Gefühle.
Ich will damit keineswegs sagen, dass Gott diese Gefühle in mir hervorgerufen hat. Und ich bin fest überzeugt, dass er unter dieser Situation noch viel mehr gelitten hat als ich. Jesus ist für mich ans Kreuz gegangen. Er hat die Trennung von seinem Vater erlitten, nicht zuletzt damit er nachfühlen kann, was mich von ihm trennt. Es war ihm nie zu schwer, mein Leid mit auszuhalten. Dafür werde ich ihm immer dankbar sein.
Dieser Gedanke war für mich der Anfang des Trostes. Es hat meine dunkelsten Zeiten nicht heller gemacht, aber es war tröstlich, in dieser Dunkelheit zumindest nicht allein zu sein. Aber es hat auch nichts daran geändert, dass auch diese Begegnungen mit Gott mit leidvollen Gefühlen verbunden war.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und das gilt um so mehr, wenn es um Gefühle geht. Und wir versuchen instinktiv die Situationen zu vermeiden, die in der Vergangenheit mit unangenehmen Gefühlen verbunden waren. Das ist erst mal ein guter und richtiger Schutzmechanismus, den ein liebender Schöpfer in uns hineingelegt hat, aber in manchen Fällen, wenn sich die Randbedingungen geändert haben, steht uns dieser Schutzmechanismus auch im Weg.
So geht es mir zurzeit mit der Nähe Gottes. Ich genieße es sehr, wenn ich sie finde, sie bereichert mein Leben und hilft mir sehr. Aber ich habe immer noch diese Scheu, sie zu suchen, diese Angst, wieder abgelehnt und verletzt zu werden, diesen Schutzreflex gegen negative Gefühle. Und so unberechtigt und grundfalsch diese Abwehrhaltung auch sein mag, im Grunde kann ich recht wenig aktiv dagegen tun. Ich kann nunmal nicht aus meiner Haut, und auch meine Erfahrungen in der Vergangenheit, die mich in diese Situation gebracht haben, kann ich nicht einfach auslöschen. Und ehrlich gesagt will ich das noch nicht mal.
Aber es gibt dafür eine biblische Antwort: Paulus schreibt an die Philipper, dass Gott beides schenkt, das Wollen und das Vollbringen, und der unbekannte Schreiber des Hebräerbrief ergänzt, dass das Herz eines Christen durch Gnade gestärkt wird. Natürlich werde ich das Meine dazu tun, Gottes Nähe zu suchen, und mit der Zeit werden die Schöpfungskräfte, die im Moment gegen mich arbeiten, ganz von selbst wieder für mich arbeiten. Und in der Zwischenzeit werde ich nicht den Fehler machen, wieder in christlichen Leistungsdruck zu verfallen, sondern ich vertraue auf das, was ich schon oft erlebt habe, nämlich dass Gott auf jeden Fall stark genug ist, um meine Schwachheit auszugleichen.
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