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Monatsarchiv: Januar 2017

Politisch korrekt

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Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert; aber die Zunge der Weisen bringt Heilung.

So steht es in Sprüche 12, Vers 18. Niemand wird daran zweifeln, dass Worte Wirkungen haben. Sie können verletzten und heilen, sie können diskriminieren und integrieren, sie können zerstören und aufbauen. Die Bibel ermahnt uns deshalb völlig zurecht und an verschiedenen Stellen, vorsichtig mit unseren Worten zu sein, wenige Worte zu machen und eher mal auf eine Aussage zu verzichten, wenn wir deren Wirkung nicht einschätzen können. Wo viele Worte sind, da geht’s ohne Sünde nicht ab“, heißt es an anderer Stelle im Buch der Sprüche.

Das weltliche Äquivalent zu dieser biblischen Erkenntnis heißt politische Korrektheit. Es geht um nichts anderes als den Willen, Worte zu vermeiden, die Gruppen von Menschen kränken oder beleidigen können. Etwas, zu dem sich jeder halbwegs anständige Mensch verpflichtet fühlen sollte. Trotzdem ist der Begriff für viele Menschen zum Feindbild geworden, zum Inbegriff für Sprach- und Denkverbote, für Zensur. Wie ist das möglich?

Ein besonders plakatives Beispiel, an dem diese Entwicklung verdeutlicht werden kann, ist das Zigeunerschnitzel. Auch wenn das, was man heute unter diesem Namen bekommt, wenig mit der traditionellen Zubereitung zu tun hat: Das Gericht hat seinen festen Platz auf der Speisekarte insbesondere von Schnellrestaurants und Kantinen. „Zigeuner-“ steht hier für eine bestimmte Zubereitungsart, für die es tatsächlich keinen vergleichbar prägnanten Begriff gibt.

Außerhalb der Küchensprache steht das Wort Zigeuner für die Abwertung, Marginalisierung und Diskriminierung einer ganzen Volksgruppe. Ich muss hier die Verfolgungs-Geschichte und -Gegenwart der europäischen Roma nicht weiter ausführen. Kein Sinto oder Rom würde sich selbst als Zigeuner bezeichnen, noch würde er eine solche Bezeichnung von anderen akzeptieren. Der Begriff hat eine eindeutig negative Konnotation, in der sich wohl für die allermeisten Angehörigen dieser Volksgruppen nicht nur geschichtliche, sondern auch selbst erlebte Herabwürdigung und Diskriminierung widerspiegeln.

Nun kann das Zigeunerschnitzel an sich kaum als Diskriminierung von Sinti und Roma angesehen werden. Darum geht es auch gar nicht. Aber eine Speisekarte wird typischerweise von hunderten oder tausenden Menschen gelesen, ist also immerhin ein veröffentlichtes Dokument mit nicht ganz unwesentlicher Verbreitung. Es braucht nur wenig Einfühlungsvermögen, um sich vorzustellen, welche Wirkung die ständige Begegnung mit diesem Wort auf Menschen hat, für die das Wort Zigeuner Inbegriff ihrer eigenen, erlebten Diskriminierung ist.

Wer unvorsichtig herausfährt mit Worten, sticht wie ein Schwert. Auch wenn es sich im konkreten Fall vielleicht nur um Nadelstiche handelt, ändert das nichts am biblischen Gebot, die eigenen Worte mit Bedacht zu wählen. Zugegeben, der Verzicht auf die Bezeichnung Zigeunerschnitzel macht Umstände und stört eine (vielleicht lieb gewonnene, aber doch letztlich recht nebensächliche) Gewohnheit. Aber wer glaubt, der Bibel entnehmen zu können, dass die eigene Bequemlichkeit wichtiger ist, als die Bedürfnisse anderer, der hat eine andere Bibel als ich.

Noch schlimmer wird es, wenn der Verzicht auf potenziell verletzende Begriffe zum Verbot hochstilisiert wird, wenn die Gegner politischer Korrektheit von Zensur und Meinungsdiktatur schreien. Mal abgesehen davon, dass es meist ziemlich lächerlich wirkt, wenn Menschen sich lautstark in der Öffentlichkeit darüber beschweren, dass sie sich nicht öffentlich äußern dürfen: Wer versucht, freiwilligen Verzicht als Verbot, das Bemühen um sorgfältige Wortwahl als Zensur darzustellen, handelt niederträchtig, denn er argumentiert ad hominem, d. h. er versucht nicht, die Argumente des Gegners zu widerlegen, sondern die Person des Gegners zu diskreditieren.

Natürlich kann man es auch mit der politischen Korrektheit übertreiben. Vielleicht gehe ich auch schon mit meinem Beispiel zu weit, darüber kann man gern diskutieren. Und wenn tatsächlich jedes Wort auf die sprichwörtliche Goldwaage gelegt werden müsste, wäre eine vernünftige Kommunikation nicht mehr möglich. Darum ist es wichtig, sich auf die sowohl säkularen als auch biblischen Grundlagen politisch korrekter Sprache zu besinnen: Worte können andere Menschen verletzen, deshalb ist es wichtig, Worte sorgfältig zu wählen. Dabei ist es offensichtlich nicht entscheidend, wie meine Worte auf mich wirken, sondern wie sie beim Gegenüber ankommen, bzw. bei meinen potenziellen Lesern, sofern ich meine Worte veröffentliche.

Dazu bedarf es der Tugenden Einfühlungsvermögen und Lernbereitschaft, welche meines Erachtens auch zutiefst christliche Tugenden sind. Und natürlich die Bereitschaft, den Anderen wichtiger als (oder zumindest genauso wichtig wie) sich selbst zu nehmen. Dabei kann es nicht schaden, sich bei Interessengruppen zu informieren oder die entsprechenden Menschen einfach mal persönlich zu fragen. Was Worte in Menschen auslösen können, wissen die betroffenen Menschen selbst immer noch am besten. Wer politisch korrekt sein will, möchte das auch wissen, denn er möchte seine Worte so wählen, dass sie andere Menschen nicht verletzen, sondern Heilung bringen.

Erfreuliche Statistiken

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Im Oktober und November des vergangenen Jahres wurden in einer repräsentativen Umfrage rund 2000 Personen zu ihren Einstellungen zum Thema Homosexualität befragt. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat die Ergebnisse in dieser Woche veröffentlicht. Einige dieser Ergebnisse haben mich sehr gefreut, deshalb stelle ich heute die für mich wichtigsten Punkte vor und gebe natürlich auch meinen Senf dazu.

Das Wichtigste zuerst: 82,6 % der Befragten sprachen sich für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aus. Das ist gegenüber den bisher bekannten Zahlen eine erhebliche Steigerung und deutlich mehr, als ich erwartet hätte. In einer Studie von 2006 lag die Zustimmungsrate noch bei 64,9 %. Die Antidiskriminierungsstelle schreibt dazu:

Damit ist die Zustimmung zur Öffnung der Ehe innerhalb der letzten zehn Jahre um rund 18 Prozentpunkte gestiegen.

Ich würde das noch ein wenig anders formulieren: Die Ablehnung zur Öffnung der Ehe hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre halbiert!

Wenn es um das Adoptionsrecht und um Unterstützung für künstliche Befruchtung geht, sind die Zustimmungsraten erwartungsgemäß etwas geringer, liegen aber immer noch bei 75,8 % bzw. 67,4 %. Überhaupt halten bei absolut allen Fragen, unabhängig von Thema und Fragestellung, die Unterstützer gleichgeschlechtlicher Beziehungen die Mehrheit.

Ein besonders heiß diskutiertes Thema in den letzten Jahren war der Umgang mit dem Thema sexuelle Vielfalt an den Schulen. Einige Kultusministerien haben beschlossen, die Akzeptanz sexueller Vielfalt explizit als Ziel der schulischen Erziehung zu benennen und dies auch im Lehrplan zu berücksichtigen. Das hat vielfach zu sehr lautstarker Kritik geführt. Umso erfreulicher, dass sich fast 90 % der Befragten grundsätzlich hinter dieses Ziel stellen. Umstrittener ist da die Wahl der Mittel. Fast 30 % der Befragten glaubt, dass diese Inhalte die Kinder in ihrer sexuellen Entwicklung verwirren. Ist das ein klassischer Fall von „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“? Das mag zum Teil der Fall sein. Ich glaube, dass da aber noch mindestens zwei weitere Aspekte eine Rolle spielen.

Zum einen glaube ich, dass es der Mehrheit generell schwer fällt zu begreifen, wie wichtig öffentliche Sichtbarkeit für die Angehörigen einer Minderheit ist. Ich denke, diese Aspekt spielt auch bei den Umfrageergebnissen eine Rolle, die die Antidiskriminierungsstelle auf Seite 7 unter dem Begriff moderne Homophobie zusammengefasst hat. Für den cis-hetero-Mensch ist es eine Selbstverständlichkeit, dass er sich in der Alltagskultur sowohl der Gesellschaft als auch seines persönlichen Umfeldes wiederfindet. Deshalb ist es für ihn nur schwer vorstellbar, wie sich das Leben ohne diesen Wiedererkennungseffekt anfühlt, und was dies für das eigene Selbstbild und die Akzeptanz durch andere bedeutet.

Zum anderen fürchte ich, dass hier die verzerrende und oft wahrheitswidrige Darstellung der Bildungspläne durch AfD, Bildungs(plan)gegner und Konsorten ihre Wirkung entfaltet. Die Schimäre der „Frühsexualisierung“ soll bewusst Angst machen. Glücklicherweise lässt sich die Mehrheit der Bevölkerung nicht von dieser Angst anstecken.

Die Umfrage liefert auch sehr interessante Ergebnisse, was die Gefühle gegenüber homosexuellen Menschen betrifft. So ist es für rund 12 % der Befragten unangenehm, wenn ein Kollege homosexuell ist, beim eigenen Kind trifft dies auf ca. 40 % der Befragten zu. Die Antidiskriminierungsstelle schreibt dazu:

Es gibt umso mehr Berührungsängste, je näher das Thema Homosexualität rückt, insbesondere wenn es in die eigene Familie hineinreicht.

Das mag stimmen, aber es gibt meiner Meinung nach gerade im Bezug auf die eigenen Kinder noch andere Gefühle als „Berührungsängste“, die eine Rolle spielen, z. B. die (durchaus berechtigte) Sorge, dass das eigene Kind Diskriminierung erfahren könnte, oder die Frage, wie das denn jetzt mit Enkeln sei.

Grundsätzlich gilt aber über alle Fragestellungen hinweg: Wenn es um Gefühle geht, sind die Zustimmungsraten deutlich geringer, als wenn es um ethisch-moralische Fragen geht. ca. 30 % der Befragten ist es unangenehm, wenn sich zwei Männer in der Öffentlichkeit küssen, jedoch nicht, wenn sich ein Mann und eine Frau küssen. Zur Erinnerung: Der Anteil der Personen, die gleichgeschlechtliche Ehen ablehnen, ist mit 17,4 % wesentlich geringer. Fast 20 % halten Homosexualität für unnatürlich, weniger als 10 % für unmoralisch.

In der Gesamtschau zeigen die Umfrageergebnisse sehr deutlich, dass die massiv zunehmende Zustimmung zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen in Deutschland nicht von Gefühlen getrieben ist, sondern von ethischen Erwägungen. Viele Menschen in Deutschland unterstützen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, weil sie dies für moralisch richtig halten, obwohl ihre Gefühle etwas anderes sagen. Zu einer Zeit, in der „postfaktisch“ zum Wort des Jahres gekürt wurde, halte ich das für ein ermutigendes Zeichen.

Ich halte das auch für ein Warnsignal an die vielen christlichen Kirchen und Gemeinden, die gleichgeschlechtliche Beziehungen ablehnen. Diese sehen sich selbst ja allzuoft als Vertreter von Moral und Ethik, ihre Einstellung als Verteidigung christlicher Werte und Normen gegen relativierende Tendenzen und persönliches Empfinden. Die Mehrheit der Bevölkerung sieht das völlig gegensätzlich. Viele sehen die Öffnung der Ehe als Gebot der Ethik, das auch gegen das persönliche Empfinden durchgesetzt werden muss. Ich denke, die ablehnende Haltung viele Christen wird von den meisten Menschen nicht nur als Mangel an Mitgefühl, sondern in erster Linie als moralisches Versagen angesehen, als Kapitulation der Ethik vor Voreingenommenheit und Angst. Viele Christen beklagen, dass das Christentum zunehmen seine Bedeutung als ethischer Leitstern verliert. Hier können wir sehen, warum das so ist.

Läuterung

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In den letzten Wochen habe ich mir öfters Händels Messias angehört. Einer meiner Lieblingssätze ist die Arie mit der Nummer sechs: But who may abide. Das mag auch daran liegen, dass ich ein großer Countertenor-Fan bin und es da hervorragende Einspielungen gibt, wie z. B. die mit Andreas Scholl. Noch mehr beeindruckt hat mich allerdings die zugleich freie und werkgetreue Soul-Gospel-Bearbeitung aus dem Album Handel’s Messiah: A Soulful Celebration mit Patti Austin als Sängerin.

Über die Musik bin ich zum Text gekommen. Händel vertont im Messias eine Sammlung von Bibelstellen, überwiegend aus dem Alten Testament, die ohne weiteren Kommentar ein großartiges und erstaunlich umfassendes Bild des Messias zeichnen. Die Arie bezieht ihr Libretto aus Maleachi 3, Vers 2, wobei der Librettist Charles Jennens den letzten Halbsatz weggelassen hat:

But who may abide the day of His coming, and who shall stand when He appeareth? For He is like a refiner’s fire.

Wer wird aber den Tag seines Kommens ertragen können und wer wird bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer eines Schmelzers (…)

Die deutsche Übersetzung habe ich der Lutherbibel von 1984 entnommen.

Maleachi verwendet ein Bild aus der Metallurgie seiner Zeit: Die Edelmetalle Gold und Silber werden in der Schmelze in speziellen Tiegeln geläutert, das heißt gereinigt. Verunreinigungen werden durch Zusätze gebunden und sammeln sich an der Oberfläche als Schlacke, dadurch können sie vom Edelmetall getrennt werden. Um wirklich reine Edelmetalle zu bekommen, musste der Vorgang mehrfach durchgeführt werden.

Angewendet auf den Menschen erscheint dieser Vergleich erst mal erschreckend. Im Feuer geläutert zu werden, kann keine angenehme Erfahrung sein, und die Frage, wer da am Tag des Herrn überhaupt noch bestehen kann, ist durchaus berechtigt. Was bleibt von mir noch übrig, wenn Gott eines Tages (oder in Ansätzen auch jetzt schon) alles an mir wegbrennt, was nicht seinem Willen entspricht? Das Bild hat aber für mich auch ein paar sehr ermutigende Aspekte:

Zunächst einmal: Läuterung ist Expertenarbeit. Dabei geht es nicht nur um die chemischen Vorgänge und die dazu nötigen Zusätze, die damals nur ein Fachmann mit viel Erfahrung richtig einschätzen konnte. Selbst die Erzeugung der benötigten Temperaturen war mit der Technologie von vor 2.500 Jahren eine Herausforderung. Reines Silber schmilzt bei 962 °C, Gold bei 1064 °C.

Im Text geht es um die Ankunft des Messias. Er allein ist der Schmelzer, der beim Menschen wirklich Edles von Unedlem zu scheiden vermag. Die Bibel betont immer wieder, wie wichtig es ist, diese Aufgabe ihm zu überlassen, sie verbietet uns über Menschen zu urteilen. Das gilt natürlich in erster Linie im Bezug auf andere Menschen, aber warum sollte das für uns selbst anders sein? Eigentlich dürfte ich das Urteil über mein Leben getrost Gott überlassen, aber tatsächlich ertappe ich mich ständig dabei, wie ich über mich selbst urteile. Häufig sind es sogar nur dumme Kleinigkeiten, schlechte Erinnerungen an eigentlich banales Fehlverhalten, die mich aus der Deckung meiner Gehirnwindungen angreifen und mir nachhaltig die Laune verderben können.

Dahinter steht natürlich die übertriebene Erwartungshaltung eines Perfektionisten, der glaubt, ein massives Gold-Nugget sein zu müssen, und doch wie jeder andere Mensch nur aus mutmaßlich goldhaltigem Erz besteht. Aber große Goldklumpen kommen in der Natur nur extrem selten vor, das meiste Edelmetall gewinnt man aus Erzen, denen man ihren Edelmetall-Anteil nicht so ohne weiteres ansieht. Der Läuterer weiß das natürlich, denn andernfalls bräuchte es seine Arbeit ja gar nicht.

Mehr Verunreinigungen bedeutet natürlich auch mehr Schlacke beim Schmelzen und damit mehr Arbeit. Aber ich glaube, Gott, der Herr, hat sich noch nie vor der Arbeit gedrückt. Die Schlacke wird weggeworfen und vergessen. Es zählt einzig und allein, wie viel reines Edelmetall am Ende zurückbleibt. Wer wird bestehen können, was in meinem Leben wird Bestand haben, wenn der Herr erscheint?

Mit meiner Selbstverurteilung gelingt es mir vielleicht, schon im Voraus ein wenig von dem unedlen Material abzukratzen, bevor der Herr mit seinem großen Schmelzofen kommt. Es wird mir damit nicht im Geringsten gelingen, das Gold zu mehren, ganz im Gegenteil. Selbstverurteilung führt zu Angst vor Fehlern, und die steht, das erlebe ich immer wieder, vielen guten Taten im Wege. Wie Alfred Krupp so schön sagte:

Wer arbeitet, macht Fehler. Wer viel arbeitet, macht mehr Fehler. Nur wer die Hände in den Schoß legt, macht gar keine Fehler.

Vielleicht zum Abschluss noch eine wichtige Bemerkung: Es gibt auch beim Menschen das, was die Bergleute Taubes Gestein nennen, also unbrauchbares Material ohne nennenswerten Gehalt verwertbarer Stoffe. Ich bin überzeugt: Wenn der Herr wiederkommt, werden Menschen feststellen müssen, dass sie die Läuterung nicht überstehen, dass nach der Abtrennung der Schlacke nichts mehr von ihnen übrig ist. Die einzige Versicherung gegen dieses Schicksal ist, Jesus in seinem Leben zu haben.

Ich habe diese Versicherung abgeschlossen und kann deshalb dem Tag der großen Läuterung halbwegs gelassen entgegengehen. Auf dem Weg dahin würde es mir sehr helfen, wenn ich mir diese stümperhaften Selbstläuterungs-Versuche abgewöhnen und diese Expertenarbeit dem wahren Experten überlassen könnte. Schön wär’s. Wobei: Bei Gott ist nichts unmöglich …

Auf ein Neues

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Das Feuerwerk ist abgebrannt, die Wandkalender sind getauscht. Es ist die Zeit der guten Vorsätze. Meiner ist einfach: mehr Gelassenheit.

Ich wünschte, ich würde mich weniger über Dinge aufregen, die ich sowieso nicht ändern kann. Ich könnte die frei werdende Zeit und Energie gut gebrauchen für all das, bei dem ich wirklich etwas verändern kann, wo ich die Welt ein wenig besser machen könnte. Wie heißt es so schön:

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,

den Mut, Dinge zu ändern, die ich nicht ändern kann

und die Weisheit, die Körper derer verschwinden zu lassen, die ich heute umbringen musste, weil sie mich nervten.

Na ja, der Schluss geht im Original dann doch ein wenig anders. So schlimm ist es zum Glück nicht.

Das neue Jahr wartet mit neuen Aufgaben und Herausforderungen für mich. Wie bei mir üblich, schwanke ich zwischen Vorfreude und Furcht. Ich kenne das schon: Jedes Mal, wenn ich eine größere Aufgabe übernehme, kommt irgendwann die Phase, in der mir alles über den Kopf wächst, in der ich meine Zusage bereue und am liebsten rückgängig machen würde. Ich habe gelernt, dass ich diese Phase einfach nur durchstehen muss, trotzdem würde mir auch hier etwas mehr Gelassenheit ausgesprochen gut tun.

Ich bin ein großer Verfechter dessen, was man gemeinhin Gabenorientierte Mitarbeit nennt. Ich glaube, dass eine Gemeinde oder ein geistliches Werk dann am besten läuft, wenn alle sich so engagieren, wie es ihren Gaben und Fähigkeiten entspricht. Manchmal lasse ich mir noch ein schlechtes Gewissen einreden, aber in den meisten Fällen halte ich mich dann doch an meine eigenen Grundsätze und lehne Aufgaben ab, die für mich nicht diesen Kriterien entsprechen. Das heißt aber auch, dass die Aufgaben, die ich tatsächlich übernehme, mir liegen und mir prinzipiell auch Freude machen.

Für die erwähnte Panik-Phase gibt es also in den meisten Fällen keinen sachlichen Grund außer dem, dass ich mir selbst im Weg stehe. In Galater 5, Vers 22 wird die Frucht des Geistes beschrieben. Dabei steht nach der Liebe, die ein Oberbegriff ist, an erster Stelle die Freude und an zweiter Stelle der Frieden. Genau das, was ich brauche. Nun lässt sich so eine Frucht nicht einfach aus dem Nichts schaffen, zumindest wenn man nicht Gott ist. Das muss und darf wachsen. Ich kann aber im neuen Jahr darauf achten, bessere Wachstumsbedingungen für diese Frucht zu schaffen. Gelegenheit dazu wird es genug geben.

Der Theologe und Gemeindeforscher Christian A. Schwarz hat unzählige Fragebögen an Gemeindemitglieder und Gottesdienstbesucher in unterschiedlichsten Gemeinden verteilt und ausgewertet. Eine seiner Fragen ist, ob der Gottesdienst Spaß macht. Diese Frage wurde von den Teilnehmern besonders häufig „korrigiert“, Spaß wurde durch Freudigkeit oder Auferbauung ersetzt. Die Auswertungen ergaben stets, dass Gemeinden mit mehreren derart ausgebesserten Fragebogen keine wachsenden Gemeinden sind.

Ich wünsche mir, dass die Aufgaben, die ich meistens gut und im Grunde auch gern erledige, mir auch Spaß machen. Das kann natürlich nicht immer so sein, aber bei mir ist hier noch viel Luft nach oben. Dazu braucht es weniger Bedenken und Sorgen und mehr Gelassenheit. Dazu braucht es aber vor allem den Heiligen Geist. Nur er kann diese Veränderung bewirken, nur er kann diese Frucht in mir wachsen lassen.

Interessant, wie sich manche Blogeinträge beim Schreiben verändern: Ich wollte eigentlich nur über Gelassenheit schreiben und lande beim Geist Gottes. Ist es nicht schön, wenn sich Gott so in den Mittelpunkt drängt und damit an den Platz, der ihm zusteht? Das darf er gern öfters machen. Immer läuft alles auf ihn hinaus, jede Veränderung, jede neue Aufgabe, jeder Erfolg ist von seinem Segen abhängig.

In diesem Sinne wünsche ich allen meinen Lesern ein frohes, friedvolles und gesegnetes Jahr 2017. Habt Spaß!