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Monatsarchiv: März 2016

Der Herr ist auferstanden

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Er ist wahrhaftig auferstanden.

Zum Ostersonntag gibt es heute einen Eintrag leicht abseits des Blog-Themas.

In der Bibel wird von insgesamt sieben Menschen berichtet, die vom Tod auferweckt wurden: zwei im Alten Testament, drei in den Evangelien und zwei in der Apostelgeschichte. Alle sieben haben eines gemeinsam: Sie sind längst tot. Keiner von ihnen lebt heute mehr. Auch wenn ihr Tod rückgängig gemacht wurde, so ist doch keiner von ihnen unsterblich geworden. Sie haben ein paar zusätzliche Jahrzehnte auf dieser Erde gewonnen, mehr nicht.

Die Auferstehung Jesu spielt da in einer ganz anderen Klasse. Sie war und sie ist bis heute ein in der Weltgeschichte einmaliges Ereignis. Sie markiert nichts weniger als das Erscheinen des Prototyps eines neuen Menschen. Es wurde nicht etwas wiederhergestellt, was vorher schon da war, es kam etwas völlig Neues in die Welt. Das zeigt sich schon im völlig losgelösten Verhältnis des Auferstandenen zu Raum und Zeit. Er erscheint und verschwindet, wo es ihm gefällt. Er ist materiell, anfassbar, trotzdem sind verschlossene Türen kein Hindernis für ihn.

Jesus konnte schon vor Tod und Auferstehung die Grenze der Naturgesetze durchbrechen. Er ging auf dem Wasser, stillte einen Sturm, machte mit fünf Broten und zwei Fischen über fünftausend Menschen satt. Aber es waren trotz ihrer Häufigkeit noch einzelne Wunder, einzeln stehende Zeichen und Beweise für die besondere Stellung des Sohnes beim Vater. Jetzt, nach der Auferstehung, haben die Naturgesetze für Jesus jede Bedeutung verloren.

Noch ist Jesus der einzige, der mit dieser Fülle an Macht und Freiheit ausgestattet wurde. Er wird aber nicht der einzige bleiben, denn wir werden alle verwandelt werden – in einem Augenblick,  beim Ton der letzten Posaune. Dabei bin ich überzeugt, dass die Befreiung von den menschlichen Zwängen mit der finalen Läuterung unseres Charakters, unseres Wesens einhergeht, einhergehen muss, denn ohne sie wäre keiner von uns in der Lage, mit dieser plötzlichen Machtfülle umzugehen.

Deshalb sind wir im Prinzip in derselben Situation wie Jesus damals. Auch wenn es uns durch Gottes Macht vielleicht ab und zu gelingen kann, die Naturgesetze zu durchbrechen, wir sind immer noch an sie gebunden. Die menschliche Natur ordnet sich der göttlichen Schöpfungsordnung unter. Sie hat keine andere Wahl.

Und dennoch: Der auferstandene Christus lebt in uns. Das neue Leben in Christus hat in uns begonnen, und das neue Auferstehungsleben, das durch Christus in die Welt gekommen ist, hinterlässt schon heute seine Spuren. Die sind manchmal nur schwer zu entdecken. Jesus arbeitet von innen nach außen, er beginnt beim wahren Kern unserer Persönlichkeit, der sogar für uns selbst nur schwer zu entdecken und zu begreifen ist.

Der Ostersonntag ist ein guter Anlass, einmal in Ruhe nach diesen Spuren des neuen Lebens in uns Ausschau zu halten. Dieses Leben entsteht und wächst allein durch Gottes Gnade, zum Wachstum selbst können wir nichts beitragen. Aber wir können die Wachstumsbedingungen schaffen und verbessern. Wir können diese vielleicht noch sehr zarten Pflänzchen entdecken, hegen und pflegen. Und wir können den Schöpfer dafür preisen, dass dieses neue Leben in Christus in uns bereits begonnen hat.

In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Christliche Wandschränke

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Die englische Sprache bietet ein paar praktische Möglichkeiten. Das Wort gay lässt sich auf beide Geschlechter anwenden, es gibt ein umgangssprachliches Wort für heterosexuell und die Worte girlfriend und boyfriend, deren Eindeutigkeit ich im Deutschen oft vermisse.

Und es gibt den Begriff coming out. Nun, denn haben wir in der deutschen Sprache einfach direkt übernommen, aber dabei geht einiges von seiner Bedeutung verloren, weil die englische Metapher to come out of the closet, die so wunderbar treffend ist, sich mit dem für uns fremdsprachigen Fachausdruck nicht so einfach vermitteln lässt. Sich zu verstecken, sich (zumindest gefühlt) verstecken zu müssen im dunklen, engen Wandschrank, und schließlich hinauszutreten ins Licht und in die Freiheit, das kann jeder nachvollziehen, der ein Coming Out hinter sich bringen musste.

Für lange Zeit, für manche Gemeinden bis heute, bleibt der Wandschrank fest verschlossen. Coming Out ist etwas böses, etwas verderbtes und verwerfliches, weil einfach nicht sein kann, was nicht sein darf. Homosexuelle sind nach dieser Auffassung Feinde, die die Gemeinde zerstören wollen. Wer sich als schwuler oder lesbischer Christ in einer solchen Gemeinde wiederfindet, dem bleibt nur, die Türen des Wandschranks fest geschlossen zu halten. Von innen. Oder sich, bitte, eine andere, bessere Gemeinde zu suchen.

Es hat sich nämlich dann doch die Erkenntnis durchgesetzt, dass Versteckspiel keine christliche Tugend ist, und das eine Gemeinde ein Ort sein sollte, in dem man offen über alles reden kann, was einen bewegt. Die Türen des Wandschranks werden geöffnet. Was dann kommt, da sind sich die Gemeinden noch nicht so richtig einig.

Manche Gemeinden öffnen die Türen, damit das helle Licht Christi die Dunkelheit erleuchte. Das geht so lange gut, wie der Betroffene dankbar im Wandschrank sitzen bleibt. Man ist als Gast akzeptiert, aber wehe, man kommt auf den Gedanken, mehr als nur Gast sein zu wollen.

Wenn man dann doch den Wandschrank verlassen darf, dann geschieht das zumeist unter Auflagen, häufig in Form einer „freiwilligen“ Selbstverpflichtung zu einem zölibatären Leben, manchmal ergänzt durch verschiedene Vorsichtsmaßnahmen. Man darf durchaus zu seiner sexuellen Orientierung stehen, so lange man sie in ausreichendem Maße als böse und verderbt betrachtet.

Die größte Grausamkeit in diese Richtung läuft unter dem euphemistischen Begriff „reparative Therapie“, ein pseudo-therapeutischer Ansatz, der zum Ziel hat, die sexuelle Orientierung eines Menschen dauerhaft zu ändern. In den wenigen Fällen, in denen diese Versuche überhaupt etwas bewirken, besteht der Erfolg meist darin, die wahre sexuelle Orientierung unter einem solchen Berg an Vorurteilen, Ängsten und Verdrehungen zu begraben, dass sie für Jahre oder sogar Jahrzehnte unsichtbar bleibt – sogar für den so Therapierten selbst.

All diese Ansätze klingen natürlich in den Worten ihrer Befürworter sehr viel freundlicher. Sie haben aber alle gemeinsam, dass das Herz im Wandschrank bleiben muss, dass bei aller angeblicher Freiheit und Freundlichkeit der innerste Kern des Menschen in Dunkelheit und Enge zurückbleibt. Denn die sexuelle Orientierung, die sexuelle Identität ist Teil der menschlichen Identität. Und viele Christen wollen es sogar noch als Zeichen besonderer Freundlichkeit anerkannt sehen, wenn sie diese Identität in einen guten und bösen Teil zerreißen wollen, damit der gute Teil in der Gemeinde angenommen werden kann.

Der Wandschrank ist kein Lebensraum, für keinen Teil der eigenen Identität, der eigenen Persönlichkeit. Der Wandschrank ist Stauraum, ein Ort, in dem man Dinge aufbewahrt, die man nicht unbedingt ständig braucht. Dazu gehört die eigene Vergangenheit. Dazu gehören für mich die Erinnerungen an die Zeiten, die ich im Wandschrank verbracht habe oder versucht habe, Teile von mir im Wandschrank zurück zu lassen. Dazu gehören sehr schwierige, belastende Erinnerungen, die ich nur gelegentlich und vorsichtig und einzeln heraushole. Aber wenn ich in meinen persönlichen Wandschrank schaue, entdecke ich in jeder Ecke Gottes wunderbare Fähigkeit, selbst aus Dunkelheit und Enge immer wieder Gutes zu schaffen. Der Mensch, der ich heute bin, bin ich durch das, was ich erlebt habe, was ich mit Gott erlebt habe. Da finde ich vieles, was besser nie geschehen wäre, aber wofür ich dennoch dankbar sein kann.

Und so wichtig der Wandschrank für mich ist als Stauraum für meine Erinnerungsstücke – als Lebensraum hat er ausgedient, endgültig und zurecht. Und das sollte er auch für alle lesbischen, schwulen, bi- und transsexuellen Christen haben. Jede Lösung, die den Wandschrank zum Lebensraum erklärt, und sei es auch nur für einen Teil eines zerrissenen Menschen, ist keine menschliche, ist keine christliche Lösung.

Beste Absichten

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Das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

Das Internet ist sich nicht ganz einig, ob dieses Zitat von Kurt Tucholsky, Bert Brecht oder doch von jemand ganz anderem stammt. Sei es, wie es sei: Da ist was Wahres dran.

Meine Erfahrung ist: Wirklich böse Menschen sind sehr selten, und wirklich böse Absichten sind nicht viel häufiger. Und wenn die Ergebnisse unserer Handlungen allein von unseren Absichten abhängen würden, wäre die Welt ein sehr viel angenehmerer Ort. Aber der Schöpfer des Himmels und der Erde hat uns sicher nicht deshalb mit einem Verstand ausgestattet, damit wir ihn beständig ignorieren. Aus der menschlichen Fähigkeit, die Konsequenzen des eigenen Handelns abzuschätzen, erwächst große Verantwortung. Und wenn die gute Absicht als Ausrede für Denkfaulheit verwendet wird, ist der Weg zur bösen Tat nicht mehr weit.

Vieles, was von gestandenen Christen öffentlich über Homosexualität gesagt wird, ist dumm, verletzend, manchmal verleumderisch und ab und zu auch ausgesprochen bösartig. Dahinter eine gute Absicht zu erkennen, fällt mir manchmal wirklich schwer. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass sie fast immer da ist, dass hinter all dem Mist, der da häufig verzapft wird, ein vielleicht irregeleitetes, aber liebendes Herz steckt.

Liebe erschöpft sich aber nicht in Gefühlen. Liebe muss sich in Worten und Taten zeigen, sonst ist sie nicht viel wert. Und dazu braucht es neben der guten Absicht auch Tugenden wie Einfühlungsvermögen, Wahrheitsliebe, Sorgfalt. Und die Vernachlässigung dieser Tugenden ist lieblos und führt fast zwangsläufig zu lieblosen Äußerungen und zu lieblosem Handeln.

Eine meiner wiederkehrenden Erfahrungen in der Diskussion mit Gegnern gleichgeschlechtlicher Beziehungen ist die schlechte Qualität ihrer Argumente. Da wird die Bibel oberflächlich ausgelegt und mit zweierlei Maß gemessen. Logische Fehlschlüsse paaren sich mit erstaunlicher Unkenntnis über psychologische und soziologische Zusammenhänge. Selbst offensichtliche, völlige Ahnungslosigkeit hindert manche Menschen nicht daran, sich über das Thema sexuelle Orientierung eine Meinung zu bilden und diese vehement zu verteidigen.

Kein Mensch muss sich mit jedem Thema auskennen. Aber wer seine Thesen im Brustton der Überzeugung öffentlich verbreitet, von dem darf, nein muss Fachkompetenz, Sorgfalt und die ständige Überprüfung der eigenen Überzeugung verlangt werden. Das gilt insbesondere, wenn die Bibelstellen ins Spiel kommen. Die Bibel ist das Wort Gottes. Wer sie zitiert, reklamiert damit für seine Aussage eine gewisses Maß an göttlicher Autorität, und zwar ob er will oder nicht, ob sie ihm zusteht oder nicht. Wer die Bibel leichtfertig zitiert, macht sich sehr schnell der Verfälschung des Wortes Gottes schuldig.

Im Neuen Testament wird von einer Gruppe von Menschen berichtet, die aus tiefster Überzeugung, mit den besten Absichten und mit großem Eifer alles dafür taten, das Wort Gottes zu bewahren und ihm Geltung zu verschaffen. Man kennt sie unter dem Betriff „Pharisäer“, und das Urteil Jesu über sie war vernichtend. Das Pharisäertum lauert immer da, wo Menschen es nicht mehr für nötig halten, ihre Überzeugungen zu hinterfragen. Wo die Sache, für die sie kämpfen, aus sich selbst heraus gut zu sein scheint, und nicht, weil sie sich durch fachkundige Prüfung und praktische Erfahrung als gut erwiesen hat. Wo Überzeugungen mehr zählen als Tatsachen.

„Blinde Blindenführer“ nennt Jesus die Pharisäer. Dabei sind sie nicht blind aus Schicksal. In diesem Fall würde Jesus sie wohl einfach heilen. Sie sind blind aus eigener Entscheidung, weil sie bewusst die Augen vor der Realität verschließen, vor einer Realität, die vielleicht ihr schönes, lieb gewonnenes Weltbild kaputt machen könnte.

Wer nicht bei guten Absichten stehen bleiben, sondern wirklich gutes tun will, muss beständig die Axt an das eigene Weltbild legen, muss beständig offen für neue, auch revolutionär neue Erkenntnisse sein. Neugier, Lernbereitschaft und die Fähigkeit, den eigenen Irrtum zu sehen und sich einzugestehen, sind unabdingbare Eigenschaften jedes Menschen, der wahrhaft gut sein will. Der Gott, an den wir Christen glauben, ist ewig und unwandelbar, aber so unfassbar groß, dass noch jede Menge völlig unerwartete, wahrhaft Augen öffnende Erkenntnisse auf uns warten.

Lieblose, verletzende, ja auch bösartige Worte und Taten dürfen und müssen als solche benannt und kritisiert werden. Dem Gegner böse Absicht zu unterstellen, zeugt nicht nur von schlechtem Stil und Mangel an echten Argumenten, es hilft auch in der Diskussion nicht weiter und ist in den meisten Fällen schlicht falsch. Ich habe mir fest vorgenommen, im Zweifel immer davon auszugehen, dass mein Gegenüber aus bester Absicht redet und handelt. Ich hoffe, dass mir das auch hier in diesem Blog gelingt.

Steckbrief

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Herzlich willkommen bei „Herz im Wandschrank“. Zum Start dieses neuen Blogs gibt es erst ein mal ein paar persönliche Daten:

  • Name: Markus
  • Alter: 44 Jahre
  • Geschlecht: männlich
  • Sexuelle Orientierung: schwul
  • Religion: Christ
  • Gesucht: feste Beziehung

Nein, das ist keine Kontaktanzeige, und ich verwechsle auch nicht WordPress mit Tinder. Mit diesem kurzen Steckbrief ist aber schon mal umrissen, worum es in diesem Blog gehen soll, denn schwul und Christ und dann noch offen für eine Beziehung – das ist eine Kombination, die für viele Diskussionen und nicht selten auch noch für richtigen Ärger sorgen kann.

Von diesen Diskussionen will ich hier schreiben und von ihren Ergebnissen für mich. Von meinen Überzeugungen, meinem Verständnis der Bibel und meinen persönlichen Erfahrungen. Vielleicht wird wenig davon originell oder neu sein, aber alles ist „ich“, alles ist meine ganz persönliche Sicht der Dinge. Und wenn hier viel von schwulen Männern, aber viel weniger von lesbischen Frauen, von Bisexuellen beiderlei Geschlechts, von Trans- und Intersexuellen und anderen sexuellen Minderheiten die Rede sein wird, dann nicht, weil mir diese Personen weniger wichtig sind, sondern weil ich mangels Sachkompetenz und eigener Erfahrung eben wenig darüber zu schreiben weiß.

Wenn ich mich dabei als Christ bezeichne, dann rede ich nicht von der Zustimmung zu einer Lehre oder einer speziellen Lebensweise. Ich rede vom Christus selbst, von der Person Jesus, wahrer Mensch und wahrer Gott, für mich gestorben und auferstanden, lebendig, erlebbar, erfahrbar. Er ist der Mittelpunkt meines Glaubens und seit über dreißig Jahren der Dreh- und Angelpunkt meines Lebens.

Neue Einträge gibt’s hier fürs Erste jeden Sonntag, weitere Neuigkeiten auf Twitter unter @herzwandschrank. Und von mir schon mal vielen Dank fürs Lesen, fürs Kommentieren und fürs Teilen.